Sowohl Aaron von Kruedener, welcher auf Basis des Kommunalwahlergebnisses vom 13.09.2020 über die Reserveliste einzog, als auch Matthias Stadtmann und Carsten Thiel, welche per Direktmandat in den Parlamenten ihrer Mitgliedskörperschaften in die Landschaftsversammlung gewählt wurden, haben den klaren Auftrag, im Sinne der Landschaftsverbandsordnung die bestmögliche Politik für die Menschen im Rheinland zu machen.
Im Rahmen ausführlicher und durchweg konstruktiver Gespräche und Verhandlungen haben wir überaus große Überschneidungen bei gemeinsamen humanistischen, sozialen und liberalen Werten gefunden.
Unsere Gemeinsamkeiten beschränken sich hierbei nicht nur auf Programme, welche für teils völlig andere Themenfelder geschrieben wurden, sondern auf die drei Menschen, die mithilfe ihres freien Mandates das bestmögliche für jeden einzelnen Menschen erkämpfen wollen.
Die Aufgabenfelder des LVR sind überaus vielseitig und betreffen deutlich mehr als den meisten Menschen bewusst ist. Als Neulinge in der Landschaftsversammlung können wir nicht auf einen langjährigen Erfahrungsschatz zur Arbeit der LVR zurückgreifen, daher fiel es uns zu Beginn schwer, konkrete Ziele zu benennen, die wir im Laufe unserer fünfjährigen Wahlperiode verwirklichen wollen. Trotzdem teilen wir ja gemeinsame Werte.
Auf Basis dieser Werte haben wir einige Punkte erarbeitet, auf die wir im Laufe der nächsten fünf Jahre immer wieder den Fokus lenken wollen.
Wir bilden mit drei von 126 Sitzen nur eine vergleichsweise kleine Opposition, jedoch sind wir der festen Überzeugung, dass wir nicht die leiseste Oppositionsfraktion sein werden und gleichermaßen unermüdlich wie auch konstruktiv daran arbeiten, die Große Koalition auf wichtige Themen aufmerksam zu machen.
Für uns geht es bei unserer Arbeit um mehr als nur eine pflichtgemäße Erfüllung des gesetzlich vorgeschriebenen Aufgabenspektrums oder der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Wir wollen, wie vermutlich der Großteil der für den LVR tätigen Menschen, das Optimum für alle Menschen im Rheinland erreichen.
Themenschwerpunkte werden bei uns Transparenz, ein verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen in jeglicher Hinsicht, soziale Teilhabe und eine Modernisierung des LVR sein.

Wir halten den Landschaftsverband Rheinland für eine sehr wichtige und essentielle Institution. Gleichermaßen hat der LVR ein Transparenzproblem, welches in unseren Augen nicht auf Böswilligkeiten einzelner Akteure, sondern vielmehr auf einer nicht existenten öffentlichen Wahrnehmung beruht.
Obwohl nahezu jeder Mensch im Rheinland Kontaktpunkte zum LVR besitzt, wissen die meisten nicht, was hinter diesem grün-blauen Smiley und den dazugehörigen drei Buchstaben steht. Mit LVR werden bisweilen maximal Freilichtmuseen und psychiatrische Kliniken assoziiert.
Wir wollen die öffentliche Wahrnehmung für den LVR in der Gesellschaft deutlich stärken und auch den LVR selbst in eine Richtung bewegen, die die Menschen anspricht und nicht mit dem Image einer langweiligen Behörde abschreckt.
Es kann in unseren Augen nicht sein, dass zwar jeder einzelne private Einkaufstour von Mitgliedern der Landesregierung in dutzenden Medienartikeln erscheint, eine Ansprache der Direktorin des LVR im Rahmen der Kulturkonferenz hingegen nur knapp über 150 YouTube-Aufrufe erreicht
(drei davon gehen auf uns).

Hoffentlich wird uns die COVID-Pandemie nur noch einen kleinen Teil unserer Amtszeit begleiten, jedoch ist es uns wichtig, dass auch im Krisenzustand die Versorgung der Menschen höchste Priorität hat. Besonders im Hinblick auf Menschen mit schweren körperlichen Behinderungen, die häufig Teil der Risikogruppen sind, muss hier darauf geachtet werden, eben jene Menschen nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
Wir drei sind, wie ein Großteil unserer Gesellschaft, allesamt in sehr privilegierten Positionen, jedoch gilt dies nicht für alle und diesen Umstand müssen wir uns regelmäßig vor Augen führen.

Die COVID-Pandemie zeigte sehr deutlich, welche umfänglichen Probleme ohne Vorwarnung über einen hereinbrechen können. Wir wollen, dass der LVR aus dieser Krise lernt, die Geschehnisse genauestens und kontinuierlich analysiert
werden und hieraus Best Practices abgeleitet werden, wie mit solchen
Situationen in Zukunft umgegangen werden kann und auch sollte.
Hiermit wollen wir aufgrund der bisher nie dagewesen Lage explizit
niemandem einen Vorwurf zum bisherigen Umgang mit der Situation machen,
jedoch wäre es in unseren Augen verwerflich, aus dieser nicht zu lernen.
Wir hoffen zwar inständig, dass sich solch eine Krisensituation nicht wiederholt,
jedoch halten wir das Vorsichtsprinzip nicht nur im Rechnungswesen für
überaus wichtig (die Kollegen der FDP-Fraktion finden diesen Witz bestimmt
gut!).

Der LVR ist mit über 19.000 Beschäftigten einer der größten Arbeitgeber des
Rheinlandes. Diese Beschäftigten kämpfen tagtäglich für eine bessere Welt und
tun dies aus zumeist selbstlosen Motiven und Nächstenliebe. Zwar kamen im
Laufe der COVID-Pandemie vermehrt neue alternative Modelle der
Wertschätzung und Entlohnung ins Gespräch (z.B. um 21 Uhr vom Balkon zu
klatschen, wie es unter anderem Boris Becker vorbildlich praktiziert), jedoch
halten wir eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Vereinbarkeit
von Familie und Beruf für deutlich effektiver.
Hierbei kann mit Modellen der Teilzeitbeschäftigung, Arbeitszeitkonten und der
vermehrten Möglichkeit von Homeoffice (Behördendeutsch: „Heimarbeit“) viel
getan werden.
Zudem sollte der LVR als gutes Beispiel vorangehen und Bewerbende
vollkommen unabhängig von unbedeutenden Kriterien (Hautfarbe, ethnische
oder soziale Herkunft, Parteizugehörigkeit (!), Sexualität oder Geschlecht) und
nur auf Basis ihrer Qualifikationen eingestellt werden.
Mechanismen, um dies zu erreichen, wie z.B. ein anonymes
Bewerbungsverfahren, finden wir erstrebenswert.

Zwar ist Inklusion und die pflichtgemäße Leistungserbringung die
Hauptverantwortung des LVR, jedoch geht uns nicht nur darum, Verträge und
gesetzliche Vorgaben zu erfüllen, sondern darüber hinaus jedem Menschen die
gleiche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.
Häufig sind Menschen mit körperlichen und/oder geistigen Behinderungen in
der Öffentlichkeit unsichtbar und werden zu oft ausgeblendet. Wir streben ein
vollumfängliches Zusammenleben, Zusammenlernen und Zusammenarbeiten
von Menschen mit und ohne Behinderungen an.
Hierbei ist auf jeden Menschen im Einzelnen einzugehen, denn Menschen
erfüllen (zum Glück!) keine Normen und sind nicht vergleichbar. Alle bringen
verschiedene Gegebenheiten, Talente, Probleme, Eigenarten und einzigartige
Historien mit. Auf diese individuellen Unterschiede sollte und muss
eingegangen werden, denn nur so können alle Menschen gemeinsam eine
Gesellschaft bilden.
Besonders bei der Eingliederung von Menschen mit Behinderung in den
Arbeitsmarkt ist auf die unterschiedlichen Fähigkeiten von Menschen zu
achten.
Wir lehnen es vehement ab, dass Behindertenwerkstätten als Abstellgleis und
Endstation fungieren, da somit ihr eigentlicher Zweck, die Eingliederung in den
Arbeitsmarkt, verfehlt wird.
Wir setzen uns dafür ein, dass bei der Erarbeitung von Inklusionskonzepten
vermehrt auch betroffene Menschen Gehör finden.
Unser Schwerpunkt liegt besonders auf dem Umstand, dass besonders
behinderte Mädchen* und Frauen* in unserer Gesellschaft häufig
ausgeblendet werden und keine Beachtung finden. Wir legen Wert darauf, dass
jegliches Handeln gleichermaßen auf die Bedürfnisse aller Menschen,
ungeachtet ihres Geschlechts, angepasst wird.

Wir sehen die LVR-Kliniken als wichtiges Instrument zur Versorgung von
Menschen mit psychischen Erkrankungen, und es ist wichtig, dass diese
Kliniken weiterhin einen hohen Qualitätsstandard halten können. Hierzu muss
sichergestellt sein, dass ausreichend Personal verfügbar ist und Gebäuden und
Einrichtungen konsequent modernisiert und instand gehalten werden.
Zudem ist es uns wichtig, dass der Zugang zu psychischer Hilfe deutlich
erleichtert wird. Besonders für Menschen in psychischen Notlagen ist es häufig
eine unüberwindbare Hürde, sich Hilfe zu suchen bzw. diese anzunehmen.
Außerdem muss diese Hilfe nachhaltig sein und darauf abzielen, dem
Menschen langfristig zu helfen und nicht nur eine schnelle Behebung der
Notlage beinhalten.
Zwar sind Psychopharmaka eine extrem wichtige medizinische Errungenschaft,
die unzähligen Menschen das Leben massiv erleichtert, jedoch werden sie
vermehrt leichtfertig verschrieben, obwohl alternative Behandlungsmethoden
im Bereich der Therapie zumindest ergänzend überaus sinnvoll wären.
Wir setzen uns hier für eine verantwortungsvolle und nachhaltige Behandlung
ein.

Die Digitalisierung ist eine der bedeutendsten Kräfte in unserer heutigen Zeit.
Wir begrüßen die Schaffung des neuen Ausschusses für Digitale Entwicklung
und Mobilität sehr.
Wir hoffen sehr, dass die digitale Entwicklung über ein reines Installieren von
Freifunk-Routern in einigen Liegenschaften hinausgeht. Zwar ist es von größter
Wichtigkeit, dass Bewohnern von LVR-Einrichtungen ein Internetzugang zur
Verfügung steht, jedoch sehen wir dies eigentlich als Selbstverständlichkeit.
Die Digitalisierung bietet für den LVR einige umfangreiche Chancen. Besonders
im Bereich Bürokratieabbau bieten sich hier viele Möglichkeiten, die die Arbeit
des LVR effektiver machen und gleichzeitig den Empfängern von Leistungen
und Maßnahmen den Zugang zu diesen erleichtert.
Besonders im Bereich der Digitalisierung erachten wir die Zuhilfenahme von
externem Know-how als überaus wichtig.

Trotz des Umstands, dass wir gerade eine Coronakrise erleben, verliert die
Klimakrise nicht an Gewicht. Der LVR trägt, allein aufgrund seiner schieren
Größe, eine besondere Verantwortung.
Hierzu streben wir an, dass der LVR in Gänze bis spätestens zum Jahr 2034
klimaneutral wird und somit eine Vorbildfunktion für das gesamte Rheinland
einnimmt.
Maßnahmen, um dieses Ziel zu erreichen sind zu erarbeiten.
Mögliche Beispiele wären ein Umstieg auf Elektrofahrzeuge, PhotovoltaikAusbau auf allen Gebäuden, Aktivhausstandards, eine generelle Verkleinerung
der Fahrzeugflotte (soweit möglich und sinnvoll) ein schonender Umgang mit
Ressourcen, ein Umstieg auf digitale Lösungen oder klimaschonende
Sanierungsmaßnahmen bei den Liegenschaften des LVR.
Zudem bietet der LVR mit seinen Freilichtmuseen und anderen
Kulturangeboten eine gute Möglichkeit, um auch bei der Bevölkerung und
besonders der jungen Generation ein Bewusstsein für Natur- und
Umweltschutz zu wecken.

Selbstverständlich sind wir uns des Umstands bewusst, dass wir mit drei von
126 Mandaten keine grundlegenden Veränderungen im LVR alleine bewältigen
können. Wir sind jedoch der festen Überzeugung, dass alle demokratischen
Parteien in der Landschaftsversammlung nach bestem Wissen und Gewissen
handeln und am Wohle der Menschen interessiert sind. Wir gehen also davon
aus, dass wir auch als kleine Oppositionsfraktion Positives erreichen können,
wenn wir wichtige Akzente setzen und Diskussionen auf wichtige Themen
lenken.